#NewCrop: Sumpfkresse aka Schweizer Wasabi

Kategorien: Gemüseteil, Leaf to Root, Rezept, UnkategorisiertVon 25/03/2018Views: 3622

Als Gemüsescout interessieren mich nicht nur spezielle Teile von bekannten Kulturpflanzen. Sondern auch neue Pflanzen, die wir auf unseren Tellern noch gar nicht kennen. Beispielsweise die Sumpfkresse, die ich neulich bei Bauer Matthias Hollenstein verkosten durfte. Von ihr werden wir sicher noch Einiges hören.

Es muss nicht immer Wasabi aus Japan sein

Kennst du Wasabi? Magst Du Wasabi? Dann solltest Du auch mal die Sumpfkresse genauer anschauen. Sie hat die klassische Senföl-Schärfe von Kohlpflanzen und ja, sie ist mit Wasabi auch verwandt.

Bei Bauer Matthias Hollenstein auf dem Feld am oberen Zürichsee wächst Sumpfkresse (Rorippa amphibia) quasi als Unkraut. Irgendwann hat er ihn dann mal genauer angeschaut. Und auch bestimmen lassen vom botanischen Garten: «Ich wollte natürlich wissen, welche Pflanze das ist, damit ich sicher bin, was ich da verkaufe.» Genau genommen ist es die Wasser-Sumpfkresse, auch bekannt als Wasserkresse oder Teichkresse. Weil alle Pflanzen der Kreuzblütler-Familie (zu der auch alle unsere Kohlpflanzen zählen) von Kopf bis Fuss essbar sind, begann Matthias zu experimentieren und zu ernten.

Eine Sumpfkresse in Nahaufnahme - zu sehen sind auch ihre Wurzeln.

Sumpfkresse von Blatt bis Wurzel, mit kompakten Blatttrieben im Januar. Fotografie: Patrick Schürmann

Sumpfkresse bitte nicht kochen, sonst geht die Schärfe verloren

Die Blätter kann man einfach so essen. Bei meinem Besuch auf dem Feld im Januar konnte man sie in Form von kompakten Trieben ernten. Die Blätter rot gezackt, im Innern knallgrün. Ich habe sie frisch in den Salat geschnetzelt, weil ich die knackige Senföl-Schärfe, die eben auch beispielsweise im Meerrettich oder im Wasabi vorkommt, sehr mag.

Sicher ist: Die Blätter nicht kochen, dann verlieren sie ihre Schärfe. Neu gibt es die Sumpfkresse-Blätter im Bachser Märt im Zürcher Seefeld. Denn der Quartierladen arbeitet eng zusammen mit Matthias Hollenstein, siehe auch hier>

Esther Kern hält die Blatttriebe von Sumpfkresse in der Hand.

Im Januar: Blatttriebe von der Sumpfkresse.

Der Unterschied der Wurzeln ist kaum zu schmecken

Der Strunk und die Wurzel sind einen Tick schärfer als das Blatt – wie auch bei Meerrettich oder Wasabi, wo die Blätter übrigens auch essbar sind. Die Wurzel lässt sich, genau wie beim Wasabi, fein reiben zu einer Paste. Um den geschmacklichen Unterschied zwischen Wasabi und Sumpfkresse genau auszumachen, müsste man wohl eine sensorische Blindverkostung machen – wäre ein spannendes Experiment. Ich hatte den Eindruck, dass Wasabi etwas süsser ist, aber das ist total subjektiv und hängt auch von der Jahreszeit und dem Wetter ab.

Sumpfkresse im Garten wird gerne als Unkraut verwechselt.

Sumpfkresse als «Unkraut» auf dem Feld. Fotografie: Patrick Schürmann

Auch Spitzenköche nutzen die Sumpfkresse für ihre kulinarischen Kreationen

Grosser Fan vom knolligen, harten Strunk ist Carlos Navarro vom Restaurant Rechberg 1837. «Ich liebe die Sumpfkresse, eine geniale Pflanze», sagt er. «Schön ist: Wir können ab Oktober den ganzen Winter über verschiedene Teile verwenden, im Frühling dann noch die Triebe.» Den Strunk und kompakte Blatttriebe hat er in 3-prozentiger Salzlake fermentiert*.

«Wir raffeln den Strunk dann über ein Gericht, wie Wasabi», führt Carlos aus. Aktuell beispielsweise serviert die Rechberg-Crew pochierten Saibling, den sie mit Federkohl, Petersilienwurzel und Rande anrichtet. Übrigens: Die Lake wiederum nutzt Carlos, um Fisch zu marinieren. «Das Wasser wird durch die Fermentation von wurzel und Blättern pinkfarbig, ist sehr aromatisch», schwärmt er.

Links ist fermentierte Sumpfkresse zu sehen, rechts ein Saibling-Gericht.

Netterweise hat mir Carlos vom Rechberg ein Foto aus der Küche geschickt: Links die fermentierte Sumpfkresse, rechts das Saibling-Gericht mit fermentiertem gehobeltem Sumpfkressestrunk und einem fermentierten Blatttrieb.

Warum etwas importieren, das auf dem Feld wächst?

Sobald es wärmer wird, erntet Matthias dann Babyleaf der Kreuzblütengewächse. Und später schiesst die Sumpfkresse auf. Dann wird Matthias seinen «Cima di Sumpfkresse», wie er es nennt, verkaufen. «Ich verstehe nicht, dass viel Cima di Rapa importiert wird – wir haben ja einheimische Varianten, die genauso toll sind.» Den «Cima di Sumpfkresse» hat Matthias schon gemeinsam verarbeitet mit Adrian Bührer vom Restaurant PUR in Pfäffikon. «Wir haben ihn auf den Grill gelegt, einfach mit Öl und Salz mariniert», erzählt der Gemüsebauer. «Der Kohl schmeckte dann wie Popcorn – ich nenne das Gemüse drum auch Popkorn-Cima.»

Sumpfkresse gibt es aktuell im Bachser Märt im Zürcher Seefeld, immer wenn Matthias erntet (unregelmässig, Blätter ab Spätwinter, später Babyleaf, «Cima di Sumpfkresse» ab Frühling, Wurzeln auf Nachfrage).

* Kleine Rezeptanleitung von Carlos Navarro, Küchenchef Restaurant «Rechberg 1837» in Zürich: 

Gerüstete Wurzeln vom Sumpfkresse in 3-prozentiger Salzlake einlegen. 1 Woche bei 20 Grad stehen lassen. Dann 4 Wochen bei 15 Grad. Danach ab in den Kühlschrank.

Die Wurzel über Gerichte raffeln, die Lake als Würzmittel oder Marinierlake verwenden.

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