Rhabarberblüte, ausgebacken und süss-sauer

Kategorien: Leaf to Root, UnkategorisiertVon 09/04/2019Views: 13976

Gärtner schneiden sie weg und kompostieren sie, ich esse sie: die geschlossene Rhabarberblüte – also eigentlich die Kapern vom Rhabarber. Weil ich in alten Koch- und Botanikbüchern Rezepte dazu gefunden habe, wusste ich, dass sie essbar sind. Und nicht nur das: Ich liebe die Dinger.

Sind essbar: Rhabarberblüten, zu schade, um sie auf den Kompost zu geben.
»Die kugelförmigen ungeöffneten Rhabarberblüten gelten als Delikatesse.«
U. P. Hedrick: Sturtevant’s Edible Plants of the World, 1919

Nachdem ich bei Recherchen in historischen Büchern diese Stelle gefunden hatte, war ich neugierig geworden. Zuvor hatte mir schon ein Leser von waskochen.ch erzählt, dass er bei der Bäuerin Heidi Garo im bernischen Tschugg ausgebackene Rhabarberblüte serviert bekommen habe. So wusste ich: Rhabarberblüte ist offensichtlich ein Lebensmittel.

Historische Kochbücher zeugen von der Essbarkeit des knolligen Gemüses

In meinen historischen Büchern entdeckte ich dann weitere Rezepte, beispielsweise eines, in dem Rhabarberblüten in einer Sauce aus Mehlschwitze gekocht werden (auch probiert, schmeckt ganz gut, da die Säure einen guten Kontrast zum Cremigen hergibt, allerdings könnte man schon noch etwas dran arbeiten…).

Knolliges Gemüse: Rhabarberblüten

Jetzt ist wieder Zeit für die knollingen Gemüse. Heute etwa schickte mir Klaus Böhler aus Seuzach Bilder davon – er erntet sie mittlerweile als Gemüse für die Gastronomie. Vor zwei Jahren schenkte mir Familie Rinderknecht in Freiensteinein Dutzend der kugeligen Gemüseteile. Ich habe einige davon ausgebacken mit einem Teig (erstaunlicherweise verlieren sie die sehr dominante Adstringenz, die sie in rohem Zustand haben, fast komplett, stattdessen treten Säure und Fruchtigkeit in den Vordergrund).

Auch ein Sternekoch schwört auf die Vielfalt von Rhabarber

Die meisten Blüten verarbeitete ich nach einer Inspiration von Daniel Achilles, der jahrelang das Sternelokal Reinstoff in Berlin führte (es hat Anfang 2019 geschlossen). Er mariniert die geschlossenen Blüten mit Essig, Rhabarbersaft, Zucker, Salz, Lorbeerblatt und Thymian. Aus Mangel an Rhabarbersaft habe ich mir mit Zitronensaft beholfen (ja, jetzt muss dann definitiv eine Saftzentrifuge her).

Rhabarbarblüte im Test – ehe ich sie anpreise, probiere ich sie natürlich selbst.

Natürlich konsumierte ich die gekochten Blüten mehrmals selber, um auch wirklich sicherzugehen, dass man sie auch in grösseren Mengen verträgt. Ich brachte sie damals mit an einen Workshop, den wir bei V-ZUG in Zürich geben durften. Co-Referentin Christine Brugger, Sensorik-Wissenschaftlerin, hat sie verkostet und sagt dazu: «Sie ist etwas intensiver im Aroma, etwas blumiger und fruchtiger als der Stängel – und von der Säure scheint sie mir milder zu sein.» Wenn ich die Feedbacks der Teilnehmer richtig interpretiert habe, waren einige – genau wie ich – ziemlich begeistert davon.

Hier mein Werkstatt-Rezept, das es noch zu verfeinern gilt:

Geschlossene Rhabarberblüte süss-sauer

Die Blütenstängel erinnern noch an Rhabarbar.

Zutaten:

4 Rhabarberblüten
0,5 dl Essig
1/2 Zitrone, ausgepresst
5 TL Zucker
Salz
Lorbeerblatt
Thymianzweige

Zubereitung:

Die Rhabarberblüten mit allen Zutaten vakuumieren (tiefste Stufe, sie sind filigran). Eine Nacht im Kühlschrank durchziehen lassen. Bei 60 Grad (Steamer, Wasserbad) rund 15 Minuten kochen. Servieren beispielsweise zu Käse. Oder auch zu einem Eis.

(nach einer Inspiration von Daniel Achilles, Reinstoff Berlin)

AUFRUF:

Hast Du dieses Rezept gekocht? Weiterentwickelt? Kennst Du ein eigenes Rezept für Rhabarberblüten? Schreib es gern unten in die Kommentare oder schick mir ein Mail, gern auch mit Foto. Ich freue mich auf Zuwachs der Sammlung.

Feedback:

Der Schweizer Spitzenkoch Dave Morales Wälti experimentiert aktuell mit Rhabarberknospen. «Gepickelt mit einem sanften Fruchtessig und Kräutern schmecken sie wunderbar», sagt er.

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